Mein Leben als „Russenkind“ [Folge 2]

Location: Brandenburg/Havel

 

„Mein Name ist Regina Wagner, geb. Fahrendorf, und ich berichte hier über mein Leben als so genanntes „Russenkind“.

Meine Mutter lernte Ende 1945 bei ihrer Arbeit für die sowjetische Kommandantur in Herzsprung meinen Vater kennen, einen sowjetischen Oberleutnant. Sie waren inbrünstig ineinander verliebt, doch Beziehungen zwischen Deutschen und Angehörigen der Sowjetarmee durfte es nicht geben. Es ist nicht bekannt, wie viele „Russenkinder“ es wirklich gab, aber es waren viele Tausende. Sie waren jedoch nicht immer wie in meinem Fall das Ergebnis einer Liebesbeziehung, sondern in der großen Mehrzahl von Vergewaltigungen durch Sowjetsoldaten, die meist unmittelbar am Ende des Krieges stattgefunden haben. Das Thema der „Russenkinder“ war daher besonders schwierig, denn in der DDR galten Sowjetsoldaten offiziell ausschließlich als Helden, die uns vom Faschismus befreit hatten.

Im Winter 1945/46 wurde meine Mutter schwanger. Darauf holte mein Vater meine schwangere Mutter nach Brandenburg/Havel, da sie dort besser versorgt werden konnte. Im September des Jahres 1946 bin ich dann in Brandenburg/Havel geboren worden, doch schon zwei Monate später wurde unsere Familie getrennt. Mein Vater musste umgehend in die Sowjetunion. Es war die Strafe für die verbotene Liebesbeziehung zu meiner Mutter. Mein Vater hat bitterlich geweint, denn er wollte in Deutschland bei seiner Familie bleiben. Doch der tränenreiche Abschied war für immer, sie sollten sich nie wieder sehen. Bald darauf wurde meine Mutter schwer krank, da sie im Nachbarort in einer Tuberkulose-Klinik arbeitete. Dort hatte sie sich angesteckt und starb dann im April 1947 an dieser schlimmen Krankheit. Sie wurde gerade einmal 20 Jahre alt. Ich kam zu meiner Oma Johanna, die schon zwölf Kinder zur Welt gebracht und nun vor allem zu versorgen hatte!

Es dauerte aber nicht lange, bis russische Soldaten von der Kommandantur kamen, um mich abzuholen. Als „Russenkind“ wollten sie mich offenbar in ein Heim stecken, doch meine Oma wollte mich nicht hergeben. Sie flüchtete mit mir in den Wald.“

Regina Wagner

[Fortsetzung folgt]

Hier geht es zur Folge 1

Weitere Informationen zum Thema auf der Website vom Verein “Russenkinder e.V.”

 

regina wagner kleinkind

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