Verlassene Orte haben eine besondere Magie: dieser ehemalige Standort der Sowjetarmee in Brandenburg war eine große Kasernenstadt am Rande eines Truppenübungsplatzes. Mit jedem Jahr wird dieser Lost Place jedoch mehr von der Natur zurück erobert.
Schon die Zufahrt zu diesem verlassenen Ort in Brandenburg erzeugt eine knisternde Spannung. Die Pflasterstraße führt schnurgerade in den schattigen Wald hinein. Da die Straße eine Sackgasse ist, gibt hier keinen Verkehr. Die Atmosphäre wirkt gespenstisch, als plötzlich eine lange Mauer und dahinter die ersten Gebäude mit mattgelben Fassaden im Wald auftauchen.
Obwohl in den letzten Jahren bereits viele Gebäude zurückgebaut wurden, sind die Ausmaße immer noch beeindruckend. Es ist eine verlassene Stadt im Wald, die schrittweise von der Natur zurück erobert wird. Einst lebten hier am Rande eines großen Truppenübungsplatzes Tausende Sowjetbürger. Der Zustand der Häuser ist bereits so schlecht, dass zahlreiche Dächer und Zwischendecken eingestürzt sind – das Betreten ist gefährlich. In den Räumen entwickeln sich kleine Biotope mit Moos, Gräsern und sogar jungen Bäumen. Ein feuchter Modergeruch liegt in der Luft.
Wie viele andere sowjetische Militärstandorte haben die Sowjets diese Kasernenstadt vom deutschen Militär übernommen und lediglich die vorhandene Bebauung um einigen Neubauten ergänzt. Die Siedlungsstruktur wirkt daher abwechslungsreich, wenn neben einem Gebäude aus den 1930er Jahren plötzlich ein moderner Plattenbauwürfel aus dem Kieferwald herausragt.
Bevor die Sowjets das Objekt Anfang der 1950er Jahre nutzten, befand sich hier u.a. die Deutsche Verwaltungsakademie, die später in das ehemalige Oberkommando der Sowjettruppen am S-Bahnhof Griebnitzsee in Potsdam einzog.
Entlang einer der langen Hauptstraßen stehen baugleiche, zweistöckige Gebäude, die als Mannschaftsunterkünfte dienten. Hier befanden sich die Schlafsäle für die einfachen Soldaten, die jeweils nur über ein Bett, einen Hocker und ein Nachtschränkchen verfügten. Beheizt wurden die Räume mit Kachelöfen, deren Feuerluken sich in den langen Fluren befanden.
Auf der anderen Seite befanden sich einige große Einrichtungen wie eine riesiger Speisesaal mit angeschlossener Großküche. Auch rund 30 Jahre nach dem Abzug der letzten russischen Soldaten kann man sich das rege Treiben und die Geräuschkulisse sehr gut vorstellen, als hier Hunderte Soldaten gleichzeitig ihr Essen zu sich nahmen.
In dieser Geisterstadt lebten nicht nur Soldaten, sondern auch Zivilangestellte und Familienangehörige der Offiziere. In einem langen Gebäude befand sich die Grundschule. Davon zeugen kindlich-naive Zeichnungen an der Wand, die u.a. einfache Mathematik darstellen. Ein ebenso naiv gezeichnetes Väterchen Frost wünscht ein “Frohes neues Jahr” (С новым годом).
Politische Bildung und Kulturangebote für die Militärangehörigen spielten eine große Rolle. Jede sowjetische Kaserne verfügte über Multifunktionssäle, die für Theater oder Filmvorführungen genutzt wurden. Der große Saal im ehemaligen Offizierscasino ist bereits ein Trümmerfeld, denn das Dach ist in den Zuschauerbereich gestürzt. Auf der kleinen Bühne in einem Nebenraum illustriert ein Wandbild die einstige Schlagkraft der sowjetischen Militärtechnik.
Die hohe Bedeutung des Sports in der sowjetischen Armee lässt sich anhand der vielen Sportgeräte in den Höfen und sogar eines Freibades erkennen. Insbesondere die jungen Wehrpflichtigen waren einem straffen Drill ausgesetzt, denn die sowjetische Armee befand sich in permanenter Gefechtsbereitschaft. Die Idylle des Waldes kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass Deutschland eine zentrale Frontlinie im Kalten Krieg bildete.
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Weitere Artikel zu sowjetischen Lost Places in Brandenburg und Berlin gibt es auf unseren Seiten.
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Infobox
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