Eine Kreuzung im Wald

Bis zu 50 Flugplätze nutzten die sowjetischen Streitkräfte nach dem Zweiten Weltkrieg im Osten Deutschlands. Die Fliegerstädtchen waren im Kalten Krieg das Zuhause von Tausenden Soldaten, Zivilangestellten und Familien.

Von der Kreuzung im Wald geht es in vier Richtungen. Fährt man in Richtung Norden, so landet man in einer unbedeutenden Ortschaft, von denen Ortsfremde wohl noch nie gehört haben dürften. Fährt man nach Süden, so landet man…Ihr wisst schon. Der Weg nach Westen endet schon nach wenigen Metern vor einem Schlagbaum. Forstweg. Zutritt verboten. Biegt man jedoch nach Osten ab, findet man sich auf einer 1,5 Kilometer langen schnurgeraden Straße wieder, welche den Besucher in ein anderes, vergangenes Jahrtausend katapultiert.

Am Ende dieser Straße lebten bis 1994 - harmonisch eingebettet zwischen Wiesen und Wäldern - bis zu 7000 Menschen. Soldaten, Zivilangestellte und sowjetische Familien. Ein sowjetischer Mikrokosmos mit Kaufhalle, Schule, Kultursaal, Kino und natürlich mit allerlei Kriegsgerät- über und unter der Erde.

Das Gelände, welches hauptsächlich als Fliegerhorst Schlagzeilen machen sollte und immer wieder Ziel der amerikanischen Luftaufklärung geworden ist, wirkt auf den ersten Blick erstaunlich unstrukturiert. Hinter dem Kontrollpunkt teilt sich die bis eben schnurgerade Straße. Lagerräume und Soldatenunterkünfte auf der einen, der Garnisonsarrest und die Großküche auf der anderen Seite. Sämtliche Versorgungseinrichtungen findet man auf den ersten Metern links und rechts der Hauptstraße. Dahinter folgen der Stab, Reparaturhallen, die Rollbahn und das Traditionskabinett.

Letzteres war der Geschichte der Division gewidmet und ihrer Rolle im Großen Vaterländischen Krieg. Heute ist von dem einstigen Glanz nichts mehr zu sehen. Die Tafeln mit den Daten der ehemaligen Helden wurden geklaut oder in den Müll geworfen, die Lackfarbe an den Wänden bröckelt. Nebenan steht Lenin. Er ist umgeben von wild wachsenden Birken und allerlei Dornengestrüpp. Das Gesicht fehlt.

Die Verwaltungsgebäude und der Sitz des Stabes sind massiv einsturzgefährdet und durch die Flugzeughangars, die einst MIG 29-Kampfflugzeugen Unterschlupf gewährten, pfeift der Wind. Das unterirdische Kino steht komplett unter Wasser und wird von ganzen Fledermausscharen bevölkert. Wollen wir sie lieber nicht stören.

Die Unterkünfte der Soldaten sind schon vor Jahren abgerissen worden. Sie waren die letzten original erhaltenden Zeugen der militärischen Nutzung dieses Objektes vor 1945.

Interessant ist die künstliche Anhöhe am südlichen Rand der Kaserne. Dort befanden sich einst die Eingänge zum unterirdischen Radar-, Führungsstab-, und Funkkomplex, nebst Atomschutzbunker. Anfang der 90er Jahre hat die Kommandantur dann einige Anstrengungen unternommen, militärisch sensible Bereiche mit Tonnen von Beton unzugänglich zu machen. Heute erinnert nichts mehr an die Zugänge. Kein Haus, kein Schuppen - nichts. Nur alte Lagepläne, Erzählungen von Zeitzeugen und Archive geben Auskunft über die einstige Nutzung. So bleibt wohl vieles, was bis heute nicht abschließend geklärt ist, bis in alle Ewigkeit unter meterdickem Beton verborgen.

Weitere Lost Places in Brandenburg sowie Stadtführungen in Berlin,  Ausflüge in die Region zur sowjetischen Geschichte gibt es bei “Berlins Taiga”.

Dieser Beitrag stammt von Johannes Watzke vom Dokumentationsprojekt „Bruchstücke der Roten Armee“.

Infobox

Zu diesem Ort veröffentlichen wir keine Ortsangabe. Wir bitten um Verständnis.

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