Nach dem Zweiten Weltkrieg lag eines der mächtigsten sowjetischen Institutionen in Deutschland am Babelsberger Griebnitzsee: Das Oberkommando der Besatzungstruppen. Ein täglicher Direktzug nach Moskau unterstrich die Bedeutung Potsdams in jener Zeit.
Am Bahnhof Griebnitzsee herrscht heute ein reges Treiben. Als großer Universitätsstandort wimmeln auf dem Campus während des Semesters Tausende Studenten umher. Dem monumentalen Hauptgebäude sieht man an, dass es in einer anderen Epoche erbaut wurde - die nationalsozialistische Architektursprache ist unverkennbar.
Das Gelände am S-Bahnhof Griebnitzsee hat eine wechselvolle Geschichte. Während des Nationalsozialismus nutzte das Deutsche Rote Kreuz (DRK) das weitläufige Gelände als Zentrallager und das 1943 fertiggestellte Hauptgebäude als Präsidium. Von hier wurden nicht nur die Truppen an der Front versorgt, sondern auch die Verbrechen des gleichgeschalteten DRK ermöglicht. Der Ort hatte seinen Anteil am menschenverachtenden System der Nationalsozialisten.
Ende April 1945 fiel der vom Osten auf Potsdam zustoßenden 1.Ukrainischen Front der Roten Armee das unzerstörte Gelände in die Hände. Während der Potsdamer Konferenz im Sommer 1945 wurden auf dem Areal die sowjetischen Wachmannschaften untergebracht. Auch nach der Konferenz nutzten die Sowjets das Gelände weiter. Die Truppen der Roten Armee wurden zu den sowjetischen Besatzungstruppen in Deutschland (GSBT) zusammengefasst und deren Hauptquartier im ehemaligen DRK-Präsidium am Griebnitzsee eingerichtet.
Ihr Oberbefehlshaber wurde Marschall Georgi Konstantinowitsch Schukow, der Oberbefehlshaber der 1.Belorussischen Front, welche die Hauptstadt Berlin eingenommen hatte. Schukow genoss den Ruhm, den er als "Bezwinger Berlins" errungenen hatte. Es muss ihm eine Genugtuung gewesen sein, die aus edlen Marmor gestaltete Empfangshalle seiner neuen Wirkungsstätte am Griebnitzsee betreten zu haben.
Residiert hat er jedoch in einem anderen geschichtsträchtigen Haus. Sein persönliches Quartier bezog er in der nahegelegenen Villa Müller-Grote, in der während der Potsdamer Konferenz der amerikanische Präsident wohnte und seitdem Truman-Villa genannt wird. Obwohl Schukow gleichzeitig oberster Chef der „Sowjetischen Militäradministration (SMAD)“ in Berlin-Karlshorst war - der De-Facto-Regierung in der Sowjetzone – hielt er sich wohl vornehmlich in Potsdam auf. Schukow bevorzugte die Nähe zum Militär, zumal er dort in viel stärkerem Maße seinen von ihm zelebrierten Repräsentationsauftritten vor der Truppe gerecht werden konnte. Doch schon 1946 wurde er von Josef Stalin entmachtet und zurück in die Sowjetunion beordert, da Stalin seine wachsende Popularität fürchtete.
Das Oberkommando der Sowjetarmee befand sich bis 1951/52 in Potsdam, ehe es endgültig nach Wünsdorf verlegt wurde. Damit verlor Potsdam auch die tägliche Direktverbindung nach Moskau mit der Eisenbahn, die mit dem Umzug nach Wünsdorf dorthin verlegt wurde. Die Züge von und nach Moskau gingen jedoch vom Bahnhof Wildpark (heute: Sanssouci), da man von dort über den südlichen Eisenbahnring die westlichen Besatzungszonen in Berlin umgehen konnte. Geblieben sind in Potsdam jedoch andere Einrichtungen wie Radio Wolga.
Stadtführungen zur sowjetischen Geschichte in Potsdam und Berlin gibt es bei Berlins Taiga.
Infobox
Ehemaliges Oberkommando der Gruppe der Sowjetischen Besatzungstruppen in Deutschland
heute: Universität Griebnitzsee, August-Bebel-Str. 89, 14482 Potsdam
Öffnungszeiten: tagsüber in der Regel geöffnet
Anreise: S-Bahn, Regionalbahn oder Bus bis „S-Bahnhof Griebnitzsee“
[OSM-Plugin-Error]:marker_size error!
[OSM-Plugin-Error]:wms_address